Patagonien – Feuerland und Süden

Traveling- it leaves you speechless, then turns you into a storyteller

Dieses Zitat des arabischen Seefahrers Ibn Battuta beschreibt unsere Reise durch Patagonien wohl am besten. Unzählige Male standen wir sprachlos, Seite an Seite inmitten schon fast surreal wirkender, unberührter Natur. Und seit unserer Reise ans Ende der Welt vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht Freunden und Bekannten von unseren Eindrücken und Erlebnissen erzählen.

Auf unserer Suche nach absoluter Natur und Abgeschiedenheit haben wir uns vorgenommen, von Ushuaia (nein, nicht die Disco auf Ibiza) bis nach Santiago de Chile zu fahren. 4.500km mit dem Camper, unzählige Stops und Tierbegegnungen später können wir euch von unserer atemberaubenden Reise durch Südamerika erzählen.

Pata….was? Nicht selten ist uns im Vorfeld der Reise nur ein erstaunter Blick begegnet. Patagonien ist (noch) vergleichsweise unbekannt für den Massentourismus. Keine Paläste, keine Badestrände, nichts für Pauschaltouristen. Dafür erwartet euch auf der Argentinischen Seite endlose Weite, das pure Nichts, Einöde, Pampa aber auch gigantische Gletscher, Flüsse in atemberaubenden Farben und die absolute Einsamkeit. Auf der Chilenischen Seite der Anden dominieren Urwälder, Fjorde und eine nahezu unzugängliche Insellandschaft.

Dazu einmalige Tierwelten und unsere persönlichen „Big Five of Patagonia„, die wir unbedingt sehen wollten:

  • ein Guanako, eine in Südamerika verbeitete Kamelart
  • ein Nandu, ein südamerikanischer Laufvogel
  • ein Puma, die südamerikanische Wildkatze
  • ein Gürteltier
  • ein Chilenischer Huemul, ein vom Aussterben bedrohter Südandenhirsch (weltweit gibt es nicht einmal mehr 2000 Stück) mit gerade einmal 90cm Schulterhöhe

Gerade die letzten drei genannten Tiere sind so selten zu sehen, dass wir kaum damit rechneten, aber ein bisschen herausfordernd sollte es natürlich auch sein. Und am Ende der Reise konnten wir hinter jedes der Tiere unseren Haken machen 🙂

Patagonien – wir kommen!

Eins sei vorweggenommen, wir hatten unverschämtes Glück mit dem Wetter! Purer Sonnenschein fast die kompletten dreieinhalb Wochen. An Orten wo sonst nahezu das ganze Jahr Stürme und Regen toben, wurden wir mit blauem Himmel begrüßt. Nach ausgiebiger Vorbereitung kann es nun endlich losgehen!

In diesem Artikel berichten wir lediglich von den Highlights. Wenn du unsere Route im Detail nachverfolgen willst, schau einfach mal auf unserer Weltkarte vorbei.

Ushuaia

Los geht das Abenteuer Patagonien für uns nach einer 35h Stunden Anreise in Ushuaia – dem Ende der Welt. Von hier aus starten die Expeditionen ins ewige Eis – südlicher kommt nur noch das Kap Horn und die Antarktis.

Ushuaia gilt als die südlichste Stadt der Welt. Eine mittelgroße Siedlung, ziemlich isoliert von der weiten Welt. Allerdings gibt es auch hier ein Hard Rock Café 😉 Dominiert wird die Stadt vom Wasser und den Bergen. Der Hafen ist die Versorgungsstation für Schiffe, die ins ewige Eis aufbrechen und die Berge und der Tierra del Fuego Nationalpark ist wie gemacht für Touristen und Abenteuerlustige.

Der Nationalpark, westlich von Ushuaia gelegen bietet zahlreiche Wanderrouten. Wir sind vorbei an glasklaren Seen auf den Guanaco Hill gewandert. Ein Berg, von dem man aus ca. 1000m Höhe auf Feuerland „hinabblickt“. Die Wanderung führt durch traumhafte Wälder, Sümpfe, eine Hochebene und schlussendlich oberhalb der Baumgrenze über den Fels nach oben. Highlight neben dem Ausblick war für uns ein kleiner Fuchs am Gipfel, der sich in der Sonne gewärmt hat.

 

Feuerland

Für die Etappe durch Feuerland haben wir uns drei Tage Zeit gelassen und die Fahrt in vollen Zügen genossen! Timo, der super freundliche deutsche Mitarbeiter von Holidayrent hat uns bei der Übergabe des Fahrzeugs in Ushuaia dazu geraten den Lago Blanco und die Königspinguinkolonie zu besuchen. Danke für diese Tipps!

Voll gepackt mit Vorräten fahren wir los, von Ushuaia nach Norden. Leider haben wir nicht allzu viel von der tollen Aussicht, da dichter Nebel und Regen uns begleiten. Ein Stopp für einen Snack der jedoch nicht fehlen darf ist die Panadería Unión, eine bei Weltenbummlern berühmte Bäckerei mit leckeren Empanadas!

Nach einem Tankstop in Rio Grande geht es über die erste Schotterpiste in Richtung Paso Rio Bellavista, dem Grenzübergang mitten in Feuerland zwischen Argentinien und Chile.

Die Grenzüberquerung klappt ohne größere Probleme, okay, spanisch sollte man vielleicht besser beherrschen aber was soll’s. Mit Händen und Füßen bekommen wir die nötigen Stempel und dürfen weiterreisen.

Langsam wird es dunkel und noch immer kein Lago Blanco in Sicht. Die Fahrt zieht sich auf den schwierigen, löchrigen Straßen und so kommen wir nach einer Fahrt im Dunkeln durch einen dichten Wald in der Nacht am Lago Blanco an. Müde fallen wir in die Kissen und sind umso sprachloser, als wir am nächsten Morgen bei Tageslicht sehen, wo wir stehen….

 

Königspinguine

Ein weiteres Highlight auf dem Weg nach Norden durch Feuerland ist die Königspinguinkolonie am Parque Pingüino Rey. Es handelt sich hierbei um die einzige Kolonie von Königspinguinen außerhalb der Antarktis. Die kleinen braunen Federknäule tapsen schreiend umher und man kann aus einiger Entfernung die possierlichen Tierchen nach Herzenslust begutachten.

Um von Feuerland aufs Festland zu kommen gibt es zwei Möglichkeiten – die Fähre von Porvenir nach Punta Arenas oder die Fähre im Norden, bei Punta Delgada. Wir entscheiden uns für die zweite Fähre und setzen über.

An der Magellanstraße kommen wir vorbei an der verlassenen Estancia San Gregorio. Sie zeugt von der einstigen Pracht, als die Magellanstraße die Welt verband. Heute ist sie nationales Denkmal und lädt zum Erkunden ein. Ein Highlight sind die am Strand liegenden beiden Wracks, der Clipper AMBASSADOR und Dampfer AMADEO von der legendären Menendez – Behety – Flotte. Sie zeugen von der Wucht der Stürme, die hier normalerweise toben.

 

Torres del Paine National Park

Was für ein Traum – was für ein Wunder der Natur. Türkis blaue Seen, dahinter ein markantes Bergmassiv, strahlend blauer Himmel…und dann…ein Platten 😉 Auch wenn das Wechseln des Reifens an einem 4×4 Camper Pickup nicht die leichteste Übung ist, so war es doch der schönste Platz, den man sich für einen Reifenwechsel vorstellen konnte. Gott sei Dank sind Ersatzrad und Wagenheber an Bord.

Der Torres del Paine Nationalpark ist eines der, wenn nicht DAS Highlight in Patagonien. Gletscher, Seen und die berühmten Torres warten darauf erkundet zu werden.

Macht euch hinsichtlich Wetterbedingungen bei diesem Nationalpark auf alles gefasst und plant unbedingt Zeitpuffer mit ein. Überall stehen Warnschilder vor Stürmen (Zelt kann weg fliegen) und auch die Berichte die wir kennen zeugen nicht gerade von den freundlichsten Bedingungen. Wie bereits eingangs geschrieben, wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter. Und der wolkenlose Himmel kam uns dabei nicht nur tagsüber, sondern auch Nachts zu Gute: noch nirgends hatten wir solch einen herrlichen Blick auf den Sternenhimmel mitsamt der Milchstraße. Unbedingt wach bleiben oder Wecker stellen!

 

Wandern im Torres del Paine

Der Torres del Paine National Park bietet zahlreiche Wanderungen, Aussichtsmöglichkeiten und natürlich den Weltberühmten W- oder O-Treck. Dabei handelt es sich um mehrtägige Wanderwege um das Bergmassiv der Torres. Leider hat uns hierzu die Zeit gefehlt, weshalb wir uns für einen kleinen Teil entschieden. Die Tageswanderung hoch zum Fuße der Torres del Paine, und das mitten in der Nacht, um den Sonnenaufgang oben zu sehen.

Das Hotel Las Torres Patagonia ist für diese Wanderung der ideale Ausgangspunkt. Nach lieb Fragen durften wir sogar mit dem Camper ganz vorne auf dem Parkplatz übernachten (und sogar nach getaner Wanderung gegen einen kleinen Aufpreis im Spa des Hotes duschen). Herzlich und freundlich sind die Menschen dort.

Als morgens um 2 Uhr der Wecker klingelt sind wir völlig von der Rolle aber rappeln uns auf, packen unsere Sachen und laufen los. In 4.5h müssen wir oben sein, um den Sonnenaufgang zu erleben. In völliger Dunkelheit folgen wir den sich an Schluchten und durch Wälder schlängelnden Wegen. Vergesst auf keinen Fall hochwertige Taschenlampen – unsere kleinen Funzeln waren da stellenweise echt grenzwertig. Teilweise sind wir uns nicht sicher ob wir richtig sind, aber nach 1.5h erreichen wir das erste Camp. Kurz kaltes Wasser ins Gesicht und weiter gehts. Nach weiteren 1.5h erreichen wir die Abzweigung hinauf zu den Torres – noch einmal die Kräfte sammeln und es geht steil hinauf.

Wer nicht gut zu Fuß ist hat ab hier keine Chance mehr, es geht über Stock und Stein, Steinstufen von gut 1 Meter Höhe und Geröll müssen überwunden werden. Die letzten Meter geht es über die Gletschermoräne hinauf und oben offenbart sich, noch in finsterer Nacht, ein See, hinter dem sich die drei imposanten Torres, knapp 3.000 Meter hohe Granitfelsen, noch im Dunkeln verstecken.

Nun heißt es warten auf den Sonnenaufgang. Wir sind vom Aufstieg verschwitzt und langsam durchdringt die Kälte jede Kleidungsschicht. Bei 4° Temperatur und einem steten Wind zahlt sich gutes Equipment und Wechselklamotten (!!!) aus.

Es beginnt zu dämmern. Hunderte von Wanderern versuchen dieses einmalige Schauspiel zu sehen und viele mussten bereits enttäuscht zurück, da die Torres im Nebel hingen. Aber bei uns, klarer Himmel, kein Nebel und gebanntes Warten auf das Glühen der Torres….

Ein einmaliger Anblick!

 

Eine weitere, relativ kurze aber sehr schöne Wanderung im Nationalpark möchten wir euch mit der Wanderung zum „Mirador Condor“ empfehlen. Eine 1.5 Stunden Wanderung, die kurz hinter dem Campingplatz Pehoé beginnt und sehr moderat ist. Von dort oben enstand auch das Titelbild zu diesem Beitrag. 🙂

Eine tolle Karte des Parks mit allen Wanderungen, Gletschern und dem W- und O-Track inklusive Camps findet ihr hier:

Die Gletscherregion und das Wanderparadies El Chalten

Vom Torres del Paine National Park geht es nach Norden, durch die Pampa, weiter Richtung Perito Moreno Gletscher.

Das Inlandeis von Patagonien ist die größte zusammenhängende Eisfläche außerhalb der Polarregionen. Aus diesem speist sich einer der beeindruckendsten Gletscher Süd-Amerikas, der Perito Moreno. Der Eintritt in den Nationalpark ist im Vergleich zu anderen Nationalparks sündhaft teuer, es lohnt sich aber, denn dieser Gletscher zieht euch in seinen Bann! Wir verbrachten hier Stunden.

 

Um den Lago Argentino herum fahren wir nach El Chalten, dem Hotspot für Wanderer und Kletterer in Patagonien. Wir versuchen noch rechtzeitig an der Tourist Info zu sein, um uns über die aktuellen Wetterbedingungen zu informieren, sind aber leider 10 Minuten zu spät…Pech gehabt. Aber was läuft da im Busch? Ein Gürteltier, und damit ein Haken mehr auf unserer persönlichen „Big Fives of Patagonia“-Checkliste :

El Chalten ist ein Eldorado für Outdoor Freaks. Es gibt Campingplätze, Hostels und vieles weitere zu entdecken. Und natürlich Wanderungen:

Laguna de los Tres, Laguna Capri und Monte Fitz Roy

Die Wanderung zum Fuße des Fitz Roy gehörte zu den absoluten Highlights unserer Patagonien Reise.

Die Wanderung startet im Nordwesten der Stadt, an einem nicht zu übersehenden Holztor und ist bis auf das letzte Stück nicht sehr anspruchsvoll. Sie führt entlang von Bächen und Hügeln in wunderschöner Natur in Richtung Fitz Roy. Nach ca. 1h gelangt ihr an den Mirador Fitz Roy, der dir einen Panoramablick auf den majestätischen 3.406m hohen Granitberg bietet. Hier ist so etwas wie das Basislager für Seilschaften, die die Gipfel besteigen wollen. Kurz bevor es ans Eingemachte geht, erreicht ihr das Camp Poincenot. Ein sehr einfaches, aber schön unter den Bäumen angelegtes Camp, an dem ihr Wasser auffüllen könnt.

Der letzte Kilometer der Wanderung, hinauf zur Laguna de los Tres windet sich 420 Höhenmeter steil bergauf. Hierfür brauchst du ca. 1h! Es geht über Schutt, Felsbrocken und Geröll – also festes Schuhwerk ist angesagt. All die Strapazen werden belohnt von einem unbeschreiblichen Panoramablick auf den schneebedeckten Monte Fitz Roy, die malerische Laguna de los Tres und mit kleinem Abstecher auch die nicht weniger schöne Laguna Sucia.

Auf dem Rückweg empfiehlt sich ein Abstecher zur idyllischen und ruhigen Laguna Capri.

 

Mirador Torre, Laguna Torre

Eine weitere super schöne Wanderung ist der Weg hinauf zum imposanten Cerro Torre. Zunächst geht es eine Stunde entlang einer Schlucht bis man nach einiger Zeit das erste Highlight erreicht, den Mirador Cerro Torre. Es eröffnet sich ein atemberaubendes Panorama auf die Bergwelt mit dem dominierenden Cerro Torre in der Mitte.

Leider mussten wir an diesem Punkt umdrehen, die Wanderung führt jedoch weiter durch einen Wald bis zur Laguna Torre. Der Blick über die Lagune zum Cerro Torre muss wunderschön sein, Eisbrocken schwimmen im See – ein absolutes Muss bei unserem nächsten Besuch in El Chalten!

El Chalten ist ein eigens für Kletterer und Wanderer geschaffenes, kleines Örtchen. Hin kommt ihr am besten von El Calafate aus. Entweder mit dem eigenen Auto oder mit dem Bus (Fahrt ca. 2.5h). Preislich sind die Lebensmittel und Übernachtungen eher am oberen Ende angesiedelt. Die Stadt zählt zu den teuersten in Argentinien. Getrieben durch die große Beliebtheit bei Touristen in Verbindung mit der schlechten Infrastruktur und der Abgeschiedenheit.

Wichtig: Bargeld mitnehmen. Nicht immer sind die 3 Geldautomaten in El-Chalten auch mit Geld bestückt.

Weitere nützliche Links zum Thema Wandern in El-Chalten für euch:

Pampa und Einsamkeit

Als der argentinische Schriftsteller Mempo Giardinelli 2000 durch die Argentinische Pampa fährt, schreibt er: „Die Straße von Río Gallegos nach El Calafate ist wie alle anderen patagonischen Straßen: eine Linie aus dem Nichts vorbei am Nichts ins Nichts.“

Die Fahrt weiter gen Norden von El-Chalten aus auf der berühmten Ruta 40 lässt uns eintauchen in die unendliche Weite der argentinischen Pampa. Was einige vielleicht als trostlose Einöde empfinden können wir nur still genießen. Bis zum Horizont führt die Straße, sie scheint nie zu enden. Rechts und Links nur Steppe, hier und da ein Nandu oder Guanaco. Aber vor allem, nicht eine Menschenseele, für 5, 10, 100 oder sogar 200 km.

Will man in Richtung Chile und Carretera Austral nach Westen gibt es zwei Möglichkeiten. Den etwas größeren, nördlich gelegenen Grenzübergang Chile Chico oder den etwas südlicheren, sehr verlassenen und einsamen Übergang Paso Rodolfo Roballos. Wir haben uns für den Zweiten entschieden.

Es geht durch Schluchten, über Berge, durch Schnee und an verlassenen Estancias vorbei über teils abenteuerliche Wege. Hier sind wir dankbar für unseren 4×4. Auf den Höhenzügen in Richtung Grenzposten kommen wir sogar in einen Schneesturm…

Der Grenzübergang ist besetzt von zwei Gendarmen und alles läuft super einfach und reibungslos ab, nicht mal das Fahrzeug wird kontrolliert. Einer der beiden Gendarmen kann sogar ein paar Brocken Deutsch und wünscht uns „gute Reise“. Wir fahren also weiter auf der X-83 durch das Valle Chacabuco (wo es von Guanacos nur so wimmelt) in Richtung Carretera Austral.

Den Bericht über den zweiten Teil unseres Road Trips durch Patagonien, über die Carretera Austral und die Panamerikana nach Santiago de Chile folgt findet ihr hier.

Unsere Tipps zur Reisevorbereitung für Patagonien findet ihr hier.

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